Am Freitag gingen im angesagten Münchner Werksviertel die Medientage 2024 zu Ende. Unter dem diesjährigen Thema „Realities“ verbargen sich viele spannende Keynotes, Gipfel und Workshops. Die 38. MEDIENTAGE MÜNCHEN wurden von der Medien.Bayern GmbH, einer Tochtergesellschaft der Bayerischen Landeszentrale für neue Medien (BLM), veranstaltet und von der Bayerischen Staatskanzlei sowie der BLM gefördert.
TV-Gipfel am Donnerstag
Clement Schwebig (Warner Bros. Discovery), Katja Hofem (Netflix), Inga Leschek (RTL Deutschland), Henrik Pabst (ProSiebenSat.1), Christine Strobl (ARD), Markus Wolter (Banijay Germany) und Torsten Zarges (DWDL.de) diskutierten über den Verteilugnskampf im TV- und Streamingmarkt. Dieser habe sich zwar aufgrund knapper Kassen und steigender Preise verschärft. Doch die Marktteilnehmenden begreifen die Entwicklung weiterhin eher als Chance denn als Krise.
Während der anschließenden Podiumsdiskussion plädierte Marcus Wolter, Geschäftsführer beim Formatentwickler Banijay Germany und bei der brainpool TV GmbH, für mehr Optimismus. Der Verantwortliche der größten senderunabhängigen deutschen TV-Produktionsgruppe sagte, für die Produktionslandschaft sei die derzeitige Entwicklung „hervorragend“. Programmanbieter und Produzenten müssten „raus aus der Vollkasko-Mentalität“. Er konstatierte „wahnsinnig viel Bewegung im Markt“.
Einig waren sich die Experten auch darüber, dass nicht nur große Produzenten gebraucht werden, die wie Benijay Germany ganze Shows vorproduzieren können, sondern auch kleine Anbieter, die speziell für den deutschen Markt kreativ werden.
Realitäten und Wahrheitssuche in Krisengebieten
Im Gespräch mit Journalist Richard Gutjahr berichtete die ARD-Korrespondentin Sophie von der Tann auf den Medientagen über ihre Arbeit in Nahost. Die besondere Herausforderung in ihrer Arbeit bestehe zurzeit darin, professionelle Distanz zu wahren und trotzdem empathisch auf alle Menschen in der Krisen- und Kriegsregion zu schauen. Soziale Online-Netzwerke seien in diesem Zusammenhang Fluch und Segen zugleich.
Befragt nach ihrem Arbeitsalltag, schilderte die Korrespondentin, immerhin habe sie in Tel Aviv, wo das ARD-Büro angesiedelt ist, bei Raketenalarm rund eine Minute Zeit, sich in Sicherheit zu bringen. Dramatischer sehe es näher an den Grenzen aus, und am härtesten im Gaza-Streifen selbst, wo die palästinensischen Mitarbeiter der ARD vollkommen ohne Schutz jeden Tag ihr Leben riskierten. Frieden stehe überhaupt nicht mehr zur Debatte, berichtete von der Tann über die Stimmung in Israel. Wenn die Lage weiter eskaliere und keine Flüge mehr möglich seien, könne das ARD-Team via Jordanien oder Ägypten über den Landweg ausreisen.
Was sie deutschen Medien und dem deutschen Publikum derzeit raten würde, fragte Moderator Richard Gutjahr. Sophie von der Tann antwortete: „Zuhören und nicht zu schnell urteilen.“
Audio-Gipfel
Radio-Programme und Podcasts sind so nah an den Menschen wie kein anderes Medium – dadurch könnten sie Menschen zusammenbringen, durch Information Probleme lösen und Ängste nehmen. Der zunehmende Einsatz von KI beim Erstellen und Verbreiten von Audio-Inhalten kann diese positiven Eigenschaften einschränken, wie beim Audio-Gipfel 2024 deutlich wurde.
Wie die Branche mit dieser Gefahr umgehen sollte, diskutierten Christian Berthold (Antenne Thüringen), Diane Dotzauer (BR), Marco Morocutti (RADIO NRW), Katja Ostrowsky (radio.de), Konstantin Seidenstücker (Studio Bummens) und York Strempel (KISS FM Berlin) mit Victoria Koopmann (NDR/BR).
Diane Dotzauer, Programmbereichsleiterin beim Bayerischer Rundfunk, bezog sich auf den „Programmbestandteil Live-Entertainment“ und wies darauf hin, dass „KI bereits synthetische Bands kreiere“ und „Konzerte komplett in die Virtualität transformiere“. Sie überlege sich mit ihren Mitarbeitenden, wie für die Hörer „das Erleben, das Echt-Sein“ in Folge dieser Möglichkeiten und Entwicklungen der KI weiterhin umgesetzt werden können.
Konstantin Seidenstücker, Co-Founder & Managing Director des Podcast-Netzwerkes Studio Bummens, stellte fest, dass sich der Podcast-Markt nach jahrelangem stetigem Wachstum in einer Konsolidierungsphase befinde. Da es inzwischen deutlich schwieriger sei, neue Zielgruppen zu erreichen, kooperiere er mit Radiosendern.
Europatag
Die Medientage München riefen am Freitag den Europatag aus und konnten hierfür tolle Speaker organisieren. Neben dem Vorsitzenden der EVP-Fraktion im Europäischen Parlament, Manfred Weber war für die Keynote auch der ehemalige Thüringer Innenminister und Richter am Bundesverfassungsgericht, Professor Peter M. Huber Teil des LineUps. Am Nachmittag war auch die Europäische Pressefreiheit Thema bei einer Rahmenveranstaltung. Unter anderem wurde darüber diskutiert, inwieweit sich das Medienrecht aus Brüssel in das nationale Recht überschlägt. Außerdem war der European Media Freedom Act (EMFA) Thema.
Veranstalter ziehen positives Fazit
„Die Medienbranche hat in den vergangenen drei Tagen bewiesen, dass sie nicht nur im KI-Zeitalter angekommen ist, sondern mit einer optimistischen Haltung die Chancen und Potenziale der KI für eine zukunftsfähige Medienwelt nutzt,“ lautet die Bilanz von Stefan Sutor, Geschäftsführer der Medien.Bayern GmbH. Angesichts der medialen Zeitenwende gehe es auch in den kommenden Jahren bei den MEDIENTAGEN MÜNCHEN darum, den Wandel aktiv zu begleiten und zu fördern.