Am Dienstag startete der Circus Krone mit seiner Premiere am Volksfestplatz in Nürnberg. Dabei stand einmal mehr der Circusdirektor Martin Lacey jr. mit seiner Raubtiernummer im Fokus. Max Dettenthaler hat ihn kurz vor der Premiere hinter der Manege getroffen.
Das 16 Meter hohe blaue Zirkuszelt streckt sich in den Nachthimmel über Nürnberg. Hoch oben überstrahlt der Schriftzug „Krone“ die Szenerie. Hinter dem leuchtenden und mit Löwen und Pferden bemalten Eingangstor öffnet sich eine magische Welt; historische Zirkuswagen zieren das Vorzelt, es duftet nach Popcorn und Bratwurst. Das Zirkusorchester in rotem Livree stimmt mit Instrumentalmusik auf die hinter den Kulissen wartenden „Stars in der Manege“ ein. Die mit rotem Stoff bestickten Sesselreihen füllen sich mehr und mehr. Das Raunen der Gäste nimmt zu, wachsende Vorfreude ist spürbar.
Die Leiter des Circus Krone
Vor dem Löwengehege unmittelbar hinter dem Zelt steht Martin Lacey Junior, der Dompteur. Gemeinsam mit seiner Frau Jana Mandana Lacey-Krone leitet er seit 2017 die Geschicke des Circus Krone. Dass der 47-jährige nur wenige Stunden später vor 16 ausgewachsenen Raubkatzen stehen wird, lässt sein Auftreten nicht vermuten. Der gebürtige Engländer wirkt absolut entspannt. Seinem Gegenüber blickt er direkt und aufmerksam in die Augen. Konzentriert beobachtet er auch seine Tiger und Löwen. Vor jeder Show ist er bei seinen Tieren und prüft, ob es ihnen gut geht. Heute sieht er besonders genau hin: Ein weißer Löwe habe am Morgen mit einem anderen Löwen gekämpft. Bei der Aufführung dürfe es deswegen in keinem Fall Probleme geben.
Laceys Leidenschaft für Tiere wurde ihm buchstäblich in die Wiege gelegt. Schon in den 60er Jahren leiten seine Eltern Tierparks in England. Der Dompteur geht souverän damit um, dass die Haltung von Wildtieren in der Manege unverändert umstritten ist. Er versichert, dass er über die gesetzlichen Anforderungen hinaus Maßnahmen für den Tierschutz ergreife. Lacey weiß, dass die Tierschutzorganisation PETA wenige Tage nach der Showpremiere eine Demonstration vor dem Zirkuszelt veranstalten wird.
Die Show beginnt
Nur wenige hundert Meter von den Raubtieren entfernt steht das 100 Meter lange Zelt mit Platz für die 44 Pferde des Circus Krone. Lacey trifft bei seinem Rundgang durch das Zelt zahlreiche Tierpfleger und Tierlehrer. Insgesamt rund 180 Menschen gehören zum Unternehmen Circus Krone. Als Chef vermittelt Lacey Ruhe und kommuniziert auf Augenhöhe. Der Umgang mit seinen Kolleginnen und Kollegen wirkt familiär. Lacey und seine Frau haben wie viele Artisten Kinder, die mit im Zirkus leben. Sein 16-jähriger Sohn zeigt schon jetzt viel Interesse an dieser ganz eigenen Welt.
Der Dompteur blickt auf die Uhr, er möchte vor Showbeginn noch kurz in seine Garderobe. Im 100 Jahre alten Zirkuswagen zieht er sich um und schminkt sich. Den Platz vor dem kleinen Spiegel teilt er sich mit seiner Frau, die Pferdedressuren in der Manege zeigt. Im Hauptzelt haben die Zuschauerinnen und Zuschauer mittlerweile ihre Plätze eingenommen, Gesichter verschiedenen Alters blicken gespannt auf den Bühneneingang.

Pünktlich eröffnet Clown Lorenco die Vorstellung als bunt gekleideter Harlekin. Nach seiner kurzen Einlage nehmen zahlreiche Artisten in weißen, funkelnden Kostümen die Manege ein. Die Hochseilgruppe „Mustafa Danguir“ zeigt auf dem Drahtseil beeindruckende Kunststücke, die beim Publikum den Atem stocken lassen. Sieben Artisten stehen gleichzeitig auf dem Seil, in drei Stockwerken bilden sie eine Pyramide. Für Begeisterung bei den Kindern sorgt Thomas Lacey, der Bruder von Martin Lacey, mit seinen elf Hunden. Mit viel Eifer springen, laufen und tanzen die Vierbeiner durch das Sägemehl und erobern die Herzen der Zuschauerinnen und Zuschauer im Sturm.

Manege frei für Martin Lacey jr. und seine 16 Raubtiere

Am Ende der dreistündigen Show ist der große Moment von Löwendompteur Martin Lacey Junior gekommen. Während im vorderen Teil der Manege Clown Lorenco im Rampenlicht steht, helfen im Hintergrund zahlreiche schwarz gekleidete Umbauhelfer mit, die Raubtiershow vorzubereiten. Blitzschnell verwandelt sich die Manege in einen Schauplatz für Tiger und Löwen. Die Mitarbeiter ebnen das Sägemehl als Untergrund für die Tiere, platzieren Hocker und Podeste und ziehen an einem Ring ein großes Stahlnetz am Manegenrand nach oben. Martin Lacey Junior steht in der Mitte, hilft beim Aufbau und überprüft den Käfig. Er wirkt sehr konzentriert und kommuniziert stetig mit seinem Team. Im Hintergrund sind, noch entfernt, die Löwen und Tiger zu hören. Die Umbauarbeiter und Clown Lorenco verlassen die Manege und das Licht erlischt. Nach einem kurzen Moment der Stille erfüllt mystische Musik das Zirkuszelt. Das Licht geht an und gibt den Blick auf 16 Löwen und Tiger frei, die nacheinander die Manege betreten. Als Anführer nimmt der weiße Löwe Mustafa auf dem obersten Podest Platz. Er thront als „König der Löwen“ ganz oben.

Und auch Martin Lacey Junior ist zu sehen, er trägt einen weißen, majestätisch aussehenden Mantel. Nur wenige Meter trennen die Raubkatzen von den Zuschauerinnen und Zuschauern. Lacey dirigiert die Löwen und Tiger allein mit seiner Gerte und der eigenen Körpersprache. Und auch hier ist seine Motivation, Augenhöhe mit seinen Tieren herzustellen. Völlig unerwartet baut sich einer der Löwen zähnefletschend vor Lacey auf. Auch in dieser Situation verliert der Dompteur seine Ruhe nicht und dirigiert das Tier mit der Gerte zurück an dessen Platz.

Am Ende steht nur noch ein Löwe auf seinem Podest: Mustafa, der Anführer. Das Publikum lacht, als er durch ausgiebiges Gähnen signalisiert, dass er keine Lust auf Kunststücke hat. Letztlich bewegt sich Mustafa doch und folgt Martin Lacey in die Manege. Der Löwe und sein Dompteur kuscheln sich aneinander. In Laceys Gesicht ist in diesem Moment die Zuneigung zu seinen Tieren zu lesen. Er erzählt im Gespräch nicht, dass er als Künstler bereits zwei Mal mit dem Goldenen Clown auf dem Internationalen Circus-Festival von Monte Carlo ausgezeichnet wurde.

Die Show endet mit Standing Ovations des Publikums. Nach der Vorstellung zeigt sich Martin Lacey Junior zufrieden: „Es hat alles geklappt, jetzt gönne ich mir einen Gin Tonic an der Bar“, sagt er und lächelt. An der Bar trifft der Dompteur auf zahlreiche Fans, mit denen er Erinnerungsfotos schießt. Danach ruht er sich in seinem Wohnwagen von diesem spannenden Premierentag aus. Schon morgen steht er wieder mit seinen Raubtieren in der Manege des Circus Krone.
Bilder: © Simon Schmidt